Streitschlichtung an der Gemeinschaftshauptschule Niedersprockhövel
Letzte Aktualisierung: 05.11.2006, (Elke Bumann)
Wenn zwei sich streiten, hilft der Dritte.
An unserer Schule gibt es Streitschlichter bereits seit Beginn des Schuljahres 1997/98, als 12 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 erstmals mit der einjährigen Ausbildung begannen. Seitdem lernen alljährlich Schülerinnen und Schüler, unparteiisch und ruhig zu bleiben. Sie entdecken die Körpersprache, um sie gezielt als beruhigendes Mittel einzusetzen. Vor allem aber lernen sie das genaue und aktive Zuhören und das richtige Zusammenfassen des Gehörten.
Inzwischen haben die Streitschlichter viele Male zwischen streitenden Mitschülern vermittelt. Die Streithähne kommen zu ihnen und bitten um ein Schlichtungsgespräch. Aber zwischen Tür und Angel geht so etwas nicht, deshalb finden Schlichtungen niemals während der großen Pausen, sondern immer während des Unterrichts statt, denn für ein Schlichtungsgespräch muss man zwischen 20 und 40 Minuten rechnen. Die beiden Kontrahenten und der Streitschlichter treffen sich im Schlichterraum. Lehrer müssen draußen bleiben, wenn die Parteien sich an einen Tisch setzen. Es wird absolute Vertraulichkeit und Verschwiegenheit versichert.
Jetzt gilt das Motto: Reden und reden lassen. Jede Seite trägt ihre Sicht des Streits vor. Die Schlichter wiederholen, fassen zusammen, fragen nach, vermitteln, ergreifen aber niemals Partei oder fällen ein Urteil. Gemeinsam beseitigt das Trio mögliche Missverständnisse. Die beiden Kontrahenten finden schließlich Lösungsmöglichkeiten, die, wenn alle zustimmen, in einem Vertrag festgehalten werden. Der macht die Gegner zwar nicht unbedingt zu den besten Freunden, lässt sie aber wieder vernünftig miteinander umgehen. In den meisten Fällen halten sich die Schüler an diesen Vertrag.
Auch in diesem Schuljahr werden wieder Streitschlichter aus den 9. Klassen ausgebildet. Sie fiebern ihrem Einsatz schon entgegen.
Dieses Projekt wird an unserer Schule von Elke Bumann betreut.
Konzept und Ziele der Streitschlichtung durch Schüler
Ausbildung zu Streitschlichtern
Informationen für Schülerinnen und Schüler
Konzept und Ziele der Streitschlichtung durch Schüler
Das Konzept der Streitschlichtung durch Schüler beruht auf Prinzipien der Mediation, eines Verfahrens, das bei familiären, beruflichen, kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Konflikten Anwendung findet. Der Schlichter (Mediator) unterstützt die Kontrahenten beim Finden der Problemlösung. Dabei geht es um die konstruktive Bearbeitung der Differenzen, damit die Streitenden in Zukunft besser miteinander umgehen können.
Bei der Streitschlichtung durch Schüler geht man davon aus, dass Konflikte ein Teil unseres Lebens sind und dass Schülerinnen und Schüler ihre Konflikte selbst regeln können.
Ziele des Streitschlichterprogramms sind:
Schlichtung von Konflikten untereinander,
Stärkung des Selbstvertrauens und des Selbstwertgefühls,
Verbesserung der Schüler-Schüler- und der Schüler-Lehrer-Beziehungen,
Steigerung der Schülerselbstverantwortung,
Verbesserung der Streitkultur in der Schule,
Gewaltprävention in der Schule.
Das Konzept der Streitschlichtung sieht beim Prozess der Vermittlung vier Schritte vor:
Einleitung der
Schlichtung:
Ziele, Grundsätze und Regeln der Schlichtung werden
erläutert.
Klärung des
Sachverhaltes und der Anteile:
Die Kontrahenten schildern den Konflikt aus ihrer Sicht und bemühen
sich, mit Hilfe des Schlichters die eigenen Anteile bei der Entstehung des
Streites zu finden.
Lösungen:
Die Kontrahenten überlegen Lösungsmöglichkeiten und berücksichtigen dabei
zwei Aspekte: Was bin ich bereit zu tun? Was erwarte ich vom anderen?
Vereinbarungen:
Die gefundenen Lösungen werden schriftlich festgehalten und unterschrieben.
Unerlässliche Voraussetzung für die Streitschlichtung durch Schüler ist die Bereitstellung und Einrichtung eines Schlichtungsraumes, in dem die Schlichter/innen nach Absprache auch während des Unterrichts ihre Vermittlerrolle ausüben können.
Der Streitschlichtung durch Schüler sind auch Grenzen gesetzt. Einerseits werden auch weiterhin leichte Streitereien ohne die Hilfe Dritter gelöst. Andererseits sind Streitschlichter überfordert, wenn die Auseinandersetzungen sehr grob oder gewalttätig verlaufen oder gar kriminelle Delikte vorliegen. Dann ist nach wie vor das Eingreifen eines Lehrers erforderlich.
Ausbildung zu Streitschlichtern
Das Konzept der Ausbildung orientiert sich an sieben Bausteinen. Sie sind die Elemente einer offenen Rahmenplanung, die flexibel, erfahrungs- und handlungsorientiert gestaltet werden sollte.
Die Ausbildung besteht aus den folgenden Bausteinen:
sich gegenseitig kennen lernen, Vertrauen untereinander aufbauen, Förderung des Selbstwertgefühls, Einführung in die Problematik der Streitschlichtung,
Einführung des Begriffs Kommunikation, Gegenüberstellung von verbaler und nonverbaler Kommunikation,
sich akzeptabel mitteilen, Ich-Botschaften formulieren,
Übungen zum aktiven Zuhören,
Rollenspiele zum schrittweisen Heranführen an das Schlichtungsgespräch,
Einüben des gesamten Schlichtungsgesprächs in Rollenspielen,
Organisatorische Gegebenheiten für die Streitschlichtung in der Schule überprüfen, bzw. neu schaffen.
Die erste Gruppe der Schüler/innen, die sich 1997/98 zu Streitschlichterinnen ausbilden ließ, setzte sich aus zwölf Mädchen der 9. Klassen zusammen und wurde von zwei Trainerinnen, zwei Lehrerinnen, betreut. Die Motivation sowohl unter den beteiligten Schülerinnen als auch unter den Lehrerinnen und Lehrern für dieses neue Projekt war außerordentlich hoch. Seitdem werden alljährlich etwa zwölf Streitschlichter/innen ausgebildet. An der Schule besteht allgemein ein großes Interesse sich zum Streitschlichter ausbilden zu lassen. Es werden dafür Schüler/innen aus den neunten Klassen ausgewählt, damit sie nach der fast einjährigen Ausbildung noch ein Jahr Zeit haben, als Streitschlichter/innen tätig zu sein.
Das Training findet im Wahlpflichtunterricht der Klasse 9 statt. Am Ende der Ausbildungszeit erhalten die neuen Streitschlichterinnen und Streitschlichter ein Zertifikat über die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.
Die ausgebildeten neuen Streitschlichter/innen stellen sich zu Beginn eines Schuljahres in den fünften Klassen vor, erläutern das Konzept der Streitschlichtung und erklären, wo und wann sie erreichbar sind.
Neben der Tür zur Mensa wird ein Plakat mit den Namen und den Bildern der aktiven Streitschlichter/innen aufgehängt. In einem Elternbrief werden auch die Erziehungs-berechtigten über das Projekt Streitschlichtung informiert.
Erfahrungen
Verhaltensänderungen bei den Streitschlichtern
Während der Ausbildung ist deutlich zu beobachten, wie sich die Einstellung der Schüler/innen zu Konflikten verändert. Der Umgangston ändert sich schnell in positiver Weise, sie nehmen sich als Gruppe wahr, in der jeder angenommen wird. Die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen, nimmt während des gesamten Trainings ständig zu. Die Ausbildung in Gesprächsführung ist für alle Schüler/innen eine große Hilfe. Sie lernen sich angemessen auszudrücken. Dies stellt oft sowohl für die ausländischen als auch für die deutschen Schüler/innen ein großes Problem dar.
In der Ausbildungsgruppe verändert sich das übliche Lehrer-Schüler-Verhältnis.
Die Lehrer werden eher als Trainer angesehen und zunehmend als Vertraute. Diese Entwicklung hängt sehr stark mit der Gesamtthematik und den Themen der einzelnen Bausteine zusammen. Die Wichtigkeit aller Lernziele der oben genannten Bausteine wird von den Schülerinnen und Schülern eingesehen. Dass man es lernen kann, von sich aus seine zwischenmenschlichen Beziehungen zu verbessern und auf seine Mitmenschen besser einzugehen, ist für die meisten angehenden Streitschlichter/innen ein faszinierender und völlig neuer Lerneffekt und damit sehr motivierend.
Akzeptanz und Auswirkung der Streitschlichtung
Nach den Berichten der Streitschlichter/innen wird das Angebot der Streitschlichtung durch Schüler grundsätzlich angenommen. Die Schlichter/innen haben es meist mit Schülerinnen und Schülern des fünften und sechsten Jahrgangs zu tun. Es treten keine Probleme in Bezug auf die Akzeptanz der Schlichter/innen auf. Die Grundsätze Es gibt keine Verlierer und Jeder kann seinen Standpunkt klarmachen und Jeder wird gerecht behandelt werden von den Schülerinnen und Schülern durchweg positiv beurteilt. Die bei Beilegung eines Streites durch Lehrer typische unterschwellige Unzufriedenheit sowie Rachegedanken gegenüber dem jeweiligen Sieger werden vermieden. Nach einer Streitschlichtung ist der Streit gewöhnlich wirklich beendet. Unter den Schülerinnen und Schülern scheint das Bedürfnis groß zu sein einen Konflikt auf Dauer friedlich zu lösen.
Die positiven Auswirkungen besonders für die Streitschlichter/innen selbst aber auch für die Schülerinnen und Schüler, die die Möglichkeit der Streitschlichtung wahrnehmen, lassen hoffen, dass in Zukunft immer mehr Schülerinnen und Schüler es lernen, Konflikte in angemessener Weise, ohne verbale oder körperliche Gewalt zu lösen. Die Einführung und Etablierung des Streitschlichtermodells leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Gewaltprävention an unserer Schule.
Es ist allerdings auch nicht zu verschweigen, dass es nach Jahren der Aufgeschlossenheit auch Zeiten gibt, in denen das Angebot der Streitschlichtung von den Schülerinnen und Schülern weniger häufig wahrgenommen und von den Lehrkräften mit nachlassender Intensität empfohlen wird. Es ist dann Aufgabe aller Beteiligten, diese Möglichkeit der Konfliktlösung wieder ins Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer zu bringen.
Schülerinnen und Schüler helfen Schülerinnen und Schülern - Konflikte und Streitigkeiten friedlich lösen
Um was
geht es?
Fast jeder
hat Konflikte oder erlebt Streitigkeiten. Häufig gibt es dabei einen Sieger und
einen Verlierer. Mitunter sind auch Bedrohungen, Beschimpfungen und körperliche
Gewalt im Spiel.
Wie es
funktioniert...
Die
Streitschlichterinnen und Streitschlichter sind neutral und behalten alles
Gesagte für sich. Sie hören den Streitenden zu und helfen ihnen dabei, über eine
Lösung des Konflikts nachzudenken. Die Lösungen werden in einem Vertrag
schriftlich festgehalten, so dass nichts Wichtiges vergessen werden kann.
Ein Angebot für...
Schülerinnen und Schüler, die
in
einen Konflikt oder Streit verstrickt sind,
nicht
unbedingt auf eine Ausweitung des Konflikts oder Streits aus sind,
möglichst ohne Erwachsene eine Lösung finden wollen.
ein
Angebot von...
deinen Mitschülerinnen und Mitschülern, die
dafür speziell ausgebildet wurden.
Wer, wann, wo...
Siehe Hinweise am Schwarzen Brett.
Neben der Tür zur Mensa ist ein Plakat mit den Namen und den Bildern der aktiven Streitschlichter/innen aufgehängt.
Mit diesem oder einem ähnlich formulierten Schreiben werden die Eltern unserer neuen Schülerinnen und Schüler zu Beginn des Schuljahres informiert:
Sprockhövel, im September
An die
Eltern und Erziehungsberechtigten
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